Grüße aus dem hohen Norden: Eine Eismöwe zu Gast auf Spiekeroog

Am 9. Mai schaffte ich es morgens zum Seawatching zu gehen. Die letzten Tage hatte es reichlich Vogelzug gegeben, aber ich hatte morgens immer Brutvögel kartieren müssen. Das war heute nicht der Fall und so hoffte ich darauf, dass sich unter den ziehenden Vögeln vielleicht etwas Spannendes finden lassen würde. Viel schneller als ich es mir je erträumt hätte wurde meine Hoffnung erfüllt. Schon beim ersten Spektivschwenk entlang der Wasserkante fiel mir auf einer Sandbank, zwischen einigen Heringsmöwen eine gänzlich weiße, etwas größere Möwe auf. Sollte das etwa Spiekeroogs erste Eismöwe dieses Jahrhunderts sein? Ich konnte es nicht ganz glauben, doch etwas anderes konnte es ja gar nicht sein. Reinweiß und etwas größer, als die Heringsmöwen konnte ja gar nichts anderes sein. Ich simste natürlich sofort meine Entdeckung an Edgar un machte mich auf den recht langen Weg runter zum Strand um die Fotodistanz zu verkürzen. Wir sitzen bei Niedrigwasser nämlich leider gut 700m von der Wasserkante entfernt und die Eismöwe auf den Bildern wurde dementsprechend nur ein Pixelhäuflein. Als ich endlich von unserer Ausguckdüne unten am Strand angekommen war war die Möwe leider bereits verschwunden. MIST!

Ich hatte nur ein paar wenige sehr schlechte Fotos mit dem Handy durch's Spektiv geschossen, die gerade eben so als Belegbilder durchgingen.

Nunja, da konnte ich nichts machen: Der Vogel war weg.

Als ich wieder am Seawatching-Punkt ankam war Edgar bereits eingetroffen, doch die Eismöwe hatte er nicht mehr gesehen. Entsprechend seawatchten wir gemeinsam weiter und wurden noch durch einige weitere Überraschungen abgelenkt. Unter anderem gab es meine beiden ersten Seidenreiher in Deutschland, einen unglaublich späten Zwergschwan und einen Merlin. Doch nur kurz nachdem Edgar wieder nach Hause gegangen war entdeckte ich wieder eine sehr helle Möwe, die über das Meer auf den Strand zugeflogen kam. Tatsächlich, da war sie wieder, die Eismöwe. Und sie landete wieder hier. Diesmal war ich schneller unten und tatsächlich, die Belegbilder, die diesmal entstanden waren zumindest so gut, dass ich später das Alter bestimmen konnte: Vorjährig, also im 2. Kalenderjahr (K2).

Leider kamen bald einige Kajakfahrer vorbei, bevor ich mich wirklich nah rangeschlichen hatte, so dass ich mich nun mit Flugaufnahmen beglücken musste. Die Möwe verschwand und wurde an diesem Tag nicht mehr gesehen. Wohl aber am nächsten Tag, als Edgar eine größere ganz weiße Möwe unter hunderten anderen auf einer Pferdekoppel im Ostergroen entdecken konnte. Ich sah sie dort zwar nicht mehr, aber ich hatte sie ja inzwischen schon recht gut gesehen.

Es handelte sich dabei zwar nicht um den ersten Nachweis dieser hochnordischen Art auf Spiekeroog, aber der letzte Nachweis liegt so lange zurück, dass ich nicht mal herausfinden konnte, wann das war.

Da die Eismöwe allerdings auf Helgoland (nur 48km nordöstlich) fast alljährlich, häufig sogar mit mehreren Exemplaren pro Jahr auftaucht ist mit weiteren Nachweisen für Spiekeroog zu rechnen. Erst ein Jahr zuvor war außerdem die etwas kleinere Geschwisterart, eine Polarmöwe für Spiekeroog nachgewiesen worden. Diese verirrt sich noch um einiges seltener nach Deutschland, der Spiekerooger Vogel kam damals allerdings dabei um und wurde vom damaligen Vogelzivi tot am Strand gefunden.

 

Eismöwen sind normalerweise Vögel der Arktis und überwintern unter anderem in Norwegen und Island. Jedes Jahr kommen mehrere dutzend bis in den Süden Großbrittaniens und immer wieder auch Einzelexemplare bis nach Deutschland (Im Winter 12/13 ca. 10 Exemplare). Erst im Winter vorher hatte es eine Art Einflug nach Deutschland gegeben (ca. 20 Ex.), nicht so aber eigentlich diesen Winter. Das Datum im Mai ist dabei natürlich recht spät, aber nicht unbedingt komplett aus dem Rahmen, darauf gehofft diese Art für Spiekeroog wieder nachzuweisen hatte ich allerdings überhaupt nicht mehr.